Vom Flüchtling zur Sprachmittlerin bei der AWO-Beratung
Seit 2017 hilft sie bei der AWO mit
Schwerin • Vor 13 Jahren ist die 34-jährige Frau aus Afghanistan mit ihrer Familie vor Krieg, Angst und Terror geflüchtet. Acht Jahre dauerte die beschwerliche Reise bis nach Deutschland. Heute spricht die Mutter von drei Kindern neben ihrer Muttersprache türkisch, persisch und deutsch. Seit 2017 hilft sie bei der AWO Menschen, die eine ähnliche Lebensgeschichte haben, im Alltag zurechtzukommen.
Wenn Roghiyeh Azimi heute über ihre alte Heimat Afghanistan spricht, verwendet sie ganz oft das Wort „schlimm”. Sie wollte sich nicht abfinden mit der klassischen Rolle in dem Land, wo Frauen keine Rechte haben, nichts wert sind. Weil sie zur Gruppe der Schiieten gehörte, wurde ihre Familie immer wieder Opfer von sunnitischen Angreifern.
„Sie haben uns unsere Tiere genommen, unsere Vorräte und manchmal auch junge Frauen. Schlimm war das”, erzählt Roghiyeh Azimi mit gesenktem Blick. Gemeinsam mit weiteren Familienmitgliedern flieht sie aus dem Land zunächst in die Türkei. Hier haben die Flüchtlinge Bleiberecht und müssen sich jedes halbe Jahr bei der Polizei melden. Dabei stellen die Beamten fest, dass die 34-jährige schnell die türkische Sprache lernt und bitten sie, beim Übersetzen zu helfen, wenn andere afghanische Flüchtlinge ihre Anliegen vortragen. Ehrenamtlich wird Roghiyeh Azimi Übersetzerin.
Seit 2015 lebt die junge Frau mit Mann – und inzwischen drei Kindern – in Schwerin. Sie weiß, wie es sich anfühlt, als Fremde in einem fremden Land anzukommen und welche Probleme dabei zu lösen sind. Genau darum kümmert sie sich als Übersetzerin in der AWO-Migrationsberatung. Die zu lösenden Aufgaben sind vielfältig: Da ist die syrische Familie, die hier eine Wohnung bekommen hat und die Abrechnung der Nebenkosten nicht versteht, oder dort das deutsch-bulgarische Paar, dem die Gesetzeslage nach der bevorstehenden Scheidung erklärt wird.
„Unsere Beratung umfasst alle sozialen Belange von der Schwangerschaft bis zum Tod ”, berichtet Teamleiterin Anett Kropp.„Jetzt sind die Leute bei uns angekommen, kümmern sich um Arbeit, Kitazugang oder Wohnung. Da sind eine Menge Verträge zu machen, bei denen wir helfen.”
Inzwischen macht auch Roghiyeh Azimis Mann eine Ausbildung als Gas-Wasserinstallateur, die drei Kinder gehen in die Kita oder Schule und ihre Mutter wird nach dem Jahr im Bundesfreiwilligendienst bei der AWO eine Ausbildung als Erzieherin oder Altenpflegerin machen.
Steffen Holz