Ich wollte knifflige Probleme lösen

Dr. Josef Wolf beendet am 31. März seine Tätigkeit als Geschäftsführer bei den Stadtwerken Schwerin

Am 31. März endet bei den Stadtwerken Schwerin nach genau 23 Jahren eine Ära: Dr. Josef Wolf beendet seine Tätigkeit als Geschäftsführer. Was er geleistet hat, weiß er noch genau, was er künftig mit seiner Freizeit anfängt, ist dagegen offen.
Dr. Josef Wolf beendet seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Stadtwerke Schwerin, Foto: SWS

Schwerin • Am 31. März endet bei den Stadtwerken Schwerin nach genau 23 Jahren eine Ära: Dr. Josef Wolf beendet seine Tätigkeit als Geschäftsführer. Was er geleistet hat, weiß er noch genau, was er künftig mit seiner Freizeit anfängt, ist dagegen offen.

Wer mit Dr. Josef Wolf auf die Jahrzehnte seines Wirkens zurückblickt, der merkt sofort: Der Mann hat ein Elefantengedächtnis. Die Namen seiner Weggefährten, die Zahlen zu diversen Finanzierungen – der gebürtige Westerwälder hat jedes Detail parat.

hauspost: Herr Dr. Wolf, am 28. April 2023 haben Sie gemeinsam mit dem damaligen Bundeskanzler Olaf Scholz und mit Ministerpräsidentin Manuela Schwesig die Förderpumpe an der neuen Geothermie- Anlage in Betrieb genommen. War das das Highlight Ihrer Amtszeit?
Dr. Josef Wolf: Das kann man so sagen. Allerdings liegt das für mich weniger am Besuch des Kanzlers, sondern daran, dass wir etwas sehr Innovatives realisiert haben. Auf das Thema Geothermie kam ich ursprünglich durch ein Projekt in Waren an der Müritz und die Geothermie in Neustadt-Glewe. Wie wir bei uns die neuartige Kombination aus Wärmepumpen und warmem Wasser aus der Tiefe hingekriegt haben, das ist schon eine wirklich tolle Teamleistung gewesen.

 

Dr. Josef Wolf (r.) bei der Einweihung der Geothermie-Anlage in Lankow mit Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (m.) und Bundeskanzler Olaf Scholz
28. April 2023: Dr. Josef Wolf, Geschäftsführer der Stadtwerke Schwerin ( r.), Bundeskanzler Olaf Scholz und Ministerpräsidentin Manuela Schwesig beim Festakt zur Inbetriebnahme der Förderpumpe in der neuen Geothermie-Anlage in Lankow, Foto: SWS

hauspost: Wie haben Sie den Besuch von Olaf Scholz in Erinnerung?
Dr. Josef Wolf: Da wir die Fördermittel für dieses aufwändige Projekt anteilig aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz erhielten, hieß es lange, dass Robert Habeck zur Einweihung der Anlage kommen würde. Am Ende war der Termin wichtig genug für den Besuch des Kanzlers. Er guckte zwar die ganze Zeit ziemlich ernst, aber er schien sich für die Technik dahinter wirklich zu interessieren. Fakt ist, dass das Thema seitdem so populär ist wie nie zuvor. Erst kürzlich hörte ich von unserem Planungspartner, dass dort zurzeit bundesweit rund 80 ähnliche Vorhaben bearbeitet werden.

hauspost: Da wir gerade über den Kanzler sprechen – als Geschäftsführer der Stadtwerke haben Sie sicher mit vielen Politikern zu tun gehabt. Hat Sie eine politische Laufbahn nie gereizt?
Dr. Josef Wolf: Das Thema Energieversorgung ist tatsächlich sehr eng mit der Politik verknüpft. Ich wurde auch öfter mal gefragt, ob ich für die ein oder andere Funktion kandidieren wolle. Meine Antwort war immer die gleiche: Wenn man die Lebensumstände der Menschen verbessern will, ist man auf meiner Position besser aufgehoben. Politik hat viel mit Diskussionen, Sachzwängen und Kompromissen zu tun. Ich wollte lieber konkrete Projekte umsetzen und knifflige Probleme lösen.

hauspost: Wie haben Sie das gemeistert? Sie sind Jurist und kein gelernter Techniker.
Dr. Josef Wolf: Wissen Sie, mich haben immer die neuesten Erkenntnisse und Entwicklungen aus der Forschung interessiert. Ich gehe gerne auf ausgewählte Netzwerkveranstaltungen, wo Experten über die neuesten Trends im Energiesektor referieren. Ich habe mich intensiv mit Innovationen beschäftigt und immer versucht, ambitionierte Ingenieure für die Stadtwerke zu finden. Wenn ich mit Leuten zusammengearbeitet habe, die mutig waren, die bereit waren, etwas auszuprobieren, dann fand ich das immer spannend, aber auch extrem fordernd. Etwas nachzumachen, das irgendwo schon sicher funktioniert, hat mich nicht besonders gereizt.

hauspost: Gibt es eigentlich schon Pläne für den Ausbau der Geothermie in Schwerin?
Dr. Josef Wolf: Es gibt tatsächlich konkrete Überlegungen für eine zweite, deutlich größere Anlage. Das ist aber noch Zukunftsmusik, da wegen der notwendigen Vorplanungen mit dem Bau frühestens in drei Jahren begonnen werden kann. Der langfristige Plan ist ja, bis zum Jahr 2035 mindestens die Hälfte der Wärme im Schweriner Netz grün zu produzieren.

hauspost: Sie erwähnten vorhin, dass Sie sich immer für neue Technologien begeistert haben. Worauf würde der junge Dr. Wolf heute setzen?
Dr. Josef Wolf: Ich bin fest davon überzeugt, dass die Energiewirtschaft sichere und effiziente Wasserstofflösungen benötigt und eines Tages einsetzen kann. Uns bleibt mit Blick auf den Klimaschutz nichts anderes übrig; außerdem sind unsere fossilen Energiequellen bekanntermaßen begrenzt. Dafür müssen wir es aber erstmal schaffen, überschüssigen Strom in Form von Wasserstoff zu speichern und zu den entsprechenden Abnehmern zu transportieren.

hauspost: Ich würde gerne das Thema wechseln und mit Ihnen über die Bundesgartenschau 2009 sprechen. Wie kam es, dass Sie einer der Geschäftsführer dieses Projekts wurden? Hatten Sie mit den Stadtwerken nicht genug zu tun?
Dr. Josef Wolf: Ich hatte mehr als genug zu tun, aber als man mich fragte, ob ich mir vorstellen könne, die BUGA zu managen, konnte ich einfach nicht Nein sagen. 2003 hatte Rostock mit der Internationalen Gartenausstellung noch rund 20 Millionen Euro Verlust gemacht. Der damalige Schweriner Oberbürgermeister Norbert Claussen sagte zu mir: Ich brauche jemanden, der gut auf die Finanzen achtet. Zusammen mit meinen Kaufleuten der Stadtwerke haben wir genau das getan.

hauspost: Städtebauliche Maßnahmen wie zum Beispiel die Schwimmenden Wiesen prägen seit der BUGA das Stadtbild von Schwerin.
Dr. Josef Wolf: Meine Mitarbeiter haben damals ein tolles Programm auf die Beine gestellt. Ich erinnere mich spontan an den Circus Roncalli, der wunderbar mit der Mecklenburgischen Staatskapelle harmonierte. Und natürlich freut es mich sehr, dass wir die Stadt nachhaltig verschönern konnten. Wirklich stolz bin ich aber auf das wirtschaftliche Ergebnis dieses Events. Es kamen über 1,8 Millionen Besucher, die mehr Geld bei uns ausgegeben haben, als mein Co-Geschäftsführer Jochen Sandner und ich erwartet hatten. Auch, dass wir die große BUGA-Halle damals in Fertigbauweise konzipiert hatten und sie anschließend nach Koblenz weitergeben konnten – das war eine neuartige und nachhaltige Idee. Die Gewinne, die wir damals erwirtschaftet haben, sind in die Bürgerstiftung der Stadt eingegangen und bis heute werden daraus soziale und gesellschaftliche Projekte umgesetzt.

hauspost: Sie haben viel für Schwerin getan, obwohl Sie aus einer ganz anderen Gegend kommen. Wann und wie hat es Sie aus dem Westerwald hierher verschlagen?
Dr. Josef Wolf: Ich bin bei Montabaur aufgewachsen und habe in Mainz Jura studiert. Anschließend arbeitete ich bei einer Frankfurter Anwaltskanzlei und ein interessantes Mandat führte mich erstmals nach Mecklenburg. Es ging um eine Brauerei, doch das ist lange her. Jedenfalls versprühte Schwerin schon damals einen gewissen Charme und so trat ich hier bereits im Sommer 1991 meine erste Stelle an. Ich war also schon in Schwerin, als die Stadtwerke gerade erst gegründet wurden.

hauspost: Im April 2002 wurden Sie dann Geschäftsführer der Stadtwerke. Wie genau kam es dazu?
Dr. Josef Wolf: Seit der Privatisierung des Energiemarktes im Jahr 1998 hatte ich die Branche in verschiedenen Positionen kennengelernt. Ich war für eine Vertriebsgesellschaft von VATTENFALL in Hamburg tätig und gründete später eine Gesellschaft rund um das Thema Portfoliomanagement. Wir wollten an die Börse, aber es würde hier zu weit führen, diese Geschichte zu erzählen. Letztlich ging der Plan nicht auf.

hauspost: Und dann?
Dr. Josef Wolf: Ich saß zu Hause in Grambow und machte neue Pläne, als eines Tages der damalige Stadtwerke-Geschäftsführer bei mir anrief. Ich kannte ihn kaum, aber er sagte, dass er sich mit mir über meine berufliche Zukunft unterhalten wolle. Die Stadtwerke hatten damals erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten und er fragte mich, ob ich sein Nachfolger werden wolle. Daraufhin sprachen wir mit dem damaligen Oberbürgermeister Johannes Kwaschik und nach der Zustimmung des Aufsichtsrats wurde ich zum Geschäftsführer bestellt.

1. April 2002 Dr. Josef Wolf (Foto links) unterzeichnet den Vertrag für die Geschäftsführung bei den Stadtwerken Schwerin
1. April 2002: Dr. Josef Wolf unterzeichnet den Vertrag für die Geschäftsführung bei den Stadtwerken Schwerin, Foto: SWS

 

hauspost: Als Sie Ihr Büro bezogen, ahnten Sie da, dass die Stadtwerke zu einer Lebensaufgabe für Sie werden sollten?
Dr. Josef Wolf: Nein. Sicher nicht. Ich konzentrierte mich voll auf die Umstellung der bis dahin unvorteilhaften Finanzierung der beiden Heizkraftwerke. Außerdem galt es, wieder neuen Teamgeist und mehr Miteinander ins Unternehmen zu bringen. Der Plan ging auf und ab 2003/2004 kamen die Stadtwerke endlich in ruhigeres Fahrwasser. Von 2010 bis 2018 hat uns der jahrelange Rechtsstreit zum Rückkauf der Kraftwerke nochmals viel Kraft gekostet, war aber eine unabdingbare Voraussetzung für zukünftige Investitionen.

hauspost: Anschließend haben Sie sich sofort hinter die umfassende Modernisierung der Heizkraftwerke geklemmt. Rund 70 Millionen Euro wurden bis zur Fertigstellung im April 2024 investiert.
Dr. Josef Wolf: Ich denke, dass wir an dieser Stelle jetzt wirklich gut aufgestellt sind. Die neuen Gasturbinen, die anteilig auch mit Wasserstoff betrieben werden können, sollten die Strom- und Wärmeversorgung mindestens für die nächsten 20 Jahre sicherstellen. Sie zählen zu den effizientesten Anlagen dieser Art weltweit.

hauspost: Am 31. März werden Sie Ihr Büro räumen. Haben Sie schon Pläne für die Zeit danach?
Dr. Josef Wolf: Definitiv werde ich jetzt wieder mehr Zeit für meine Familie haben. Es gibt zudem viele Bekannte und Verwandte, die mich in den letzten Jahren kaum gesehen haben. Und vielleicht komme ich ja auch dazu, wieder mehr Golf zu spielen. Ich habe aber bislang wenig Muße gehabt, mir weitere Pläne zu machen. Es gibt auch keine Liste mit Reisezielen, die ich unbedingt abhaken müsste. Dass mir langweilig wird, glaube ich aber trotzdem nicht. Das Thema Welterbe liegt mir am Herzen und auch die Anbindung Schwerins an die Metropolregion Hamburg werde ich weiterhin verfolgen.

hauspost: Danke und Ihnen alles Gute!