Lernen ohne Druck

Die Station M1 beherbergt keine Patienten.

Die Station M1 in den Helios Kliniken Schwerin beherbergt keine Patienten. Trotzdem gehen Ärzte ein und aus, um verschiedene Szenarien zu trainieren
Prof. Urs Lichtenauer ( l.), Oberarzt in der Klinik für Allgemeine Innere Medizin mit Amar Kassem, Foto: Oliver Borchert

Schwerin • Die Station M1 in den Helios Kliniken Schwerin beherbergt keine Patienten. Trotzdem gehen Ärzte ein und aus, um verschiedene Szenarien zu trainieren: In der Notaufnahme gegenüber der Kanzel sackt der Blutdruck plötzlich ab, im Kreißsaal nebenan kommt es zu Komplikationen.

Die Station M1 ist keine normale Station, sondern eine Lehrstation. „Im Oktober 2019 haben die ersten Studierenden an der MSH Medical School Hamburg ihr Studium aufgenommen“, so Prof. Urs Lichtenauer, Oberarzt in der Klinik für Allgemeine Innere Medizin. Er ist einer der Dozenten des Krankenhauses, die den Studierenden zur Seite stehen. „Seit 2021 sind diese im klinischen Teil des Studiums direkt bei uns am Haus.“ Um den Unterricht so praxisnah wie möglich zu gestalten, kam die Idee einer Lehrstation auf.

Nach zwei Jahren Theorie in Hamburg steht im Krankenhaus der Unterricht am Patientenbett auf der Tagesordnung. Neben der Lehrstation stehen mit dem Alten Fridericianum, einer ehemaligen Schule direkt am Schweriner Pfaffenteich, außerdem modern ausgerüstete Lehrsäle zur Vertiefung des Wissens zur Verfügung. Mit der Lehrstation wollten die Dozenten Möglichkeiten schaffen, viele Situationen im geschützten Umfeld zu üben. „Wenn etwas schiefgeht oder länger dauert, hat man keinen genervten oder im schlimmsten Fall geschädigten Patienten vor sich, sondern ein Übungsgerät. Oder einen Schweinefuß, an dem das Nähen geübt wird. Das ist schon sehr praktisch“, erzählt Amar Kassem. S

ie steht kurz vor Abschluss ihres Studiums und schätzt die Lehrstation sehr. „Wir können hier immer hinkommen, wenn wir Ruhe brauchen, wenn wir einen Rat suchen oder üben wollen.“ Einen großen Vorteil sieht Kassem darin, dass alle Semester gleichzeitig auf der Station unterwegs sind. „So kann man immer jemanden fragen, der oder die bereits in einer ähnlichen Situation war.“ Mittlerweile ist sie eher diejenige, die jüngeren Studenten Tipps geben kann. Standardisiert und verbessert In der simulierten Notaufnahme gibt es einen Dummy-Patienten, mit dem typische Schockraum-Momente trainiert werden können. Ist der Patient im Szenario noch ansprechbar, antwortet einer der Lehrkräfte über ein Mikrofon im Nebenraum für ihn. Die Studierenden fragen, was genau passiert ist, woran der Patient sich erinnern kann, wo er Schmerzen hat.

Sie überprüfen die Vitalparameter und überlegen, was sie noch bei der Aufnahme beachten müssen. Nach und nach verändern die Lehrkräfte einzelne Parameter und schauen, ob die Studierenden dies bemerken und richtig reagieren. Grundlage für die Übungen ist das sogenannte ATLS, das „Advanced Trauma Life Support“-Konzept. Es wurde erarbeitet, um standardisierte diagnostische und therapeutische Handlungsabläufe in der frühen innerklinischen Erstversorgung von polytraumatisierten Patienten im Schockraum zu üben. „Wir haben uns an diesen Trainings orientiert, haben die Übungen aber den Kompetenzzielen und dem Wissensniveau der jeweiligen Fachsemester angepasst“, erzählt Prof. Lichtenauer stolz. Ebenso funktioniert der simulierte Kreißsaal nebenan. Von einer problemlosen Geburt bis zu lebensgefährlichen Situationen für Mutter und Kind lässt sich alles proben. Auch hier können die Lehrkräfte über einen abgetrennten Bereich alles überwachen.


Helios/Patrick Hoppe