„Ich bin Optimist“

Dr. Christian Frenzel ist seit dem 1. März Bürgerbeauftragter von MV.
Dr. Christian Frenzel ist seit dem 1. März Bürgerbeauftragter von MV, Foto: maxpress

AltstadtSeit dem 1. März hat Dr. Christian Frenzel die Position des Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern inne. Wie ist er zu dem Job gekommen, was macht ihn aus und wie tickt das Land? Die hauspost sprach mit dem Juristen und ehemaligen Chef der Staatskanzlei.

Sein Büro liegt nur wenige Meter neben seinem ehemaligen Arbeitsplatz, der Staatskanzlei MV. In seinem Handeln ist der Bürgerbeauftragte allerdings weitgehend unabhängig.

hauspost: Welche Voraussetzungen sind für die Arbeit als Bürgerbeauftragter gefordert und welche haben Sie mitgebracht?
Christian Frenzel: In der Literatur steht, dass der Bewerber eine angesehene Persönlichkeit sein sollte. Das würde ich von mir nie sagen. Hilfreich für mich ist, dass ich als ehemaliger Richter einen juristischen Hintergrund habe, in verschiedenen Bereichen des öffentlichen Lebens tätig war und eine gewisse Menschenkenntnis besitze, auch durch mein ehrenamtliches Engagement im Landesturnverband und beim Faustball.

hauspost: Wie groß sind denn die Fußstapfen Ihres Vorgängers Matthias Crone, in die Sie nun schlüpfen müssen?
Christian Frenzel: Die Fußstapfen sind sehr groß und viele waren traurig, als
Matthias Crone nach den zwei Amtszeiten – so sieht es das Gesetz vor – ging. Bei meinem ersten Termin war ich in Demmin, und ich war ein wenig aufgeregt, wie man dem neuen Bürgerbeauftragten begegnen würde. Diese Sprechstunde verlief sehr freundlich und konstruktiv. Mir ist dabei großes Vertrauen und die Hoffnung entgegengebracht worden, dass ich Angelegenheiten für die Bürger regeln kann.

hauspost: Stichwort Vertrauen der Bürger in die Politik und Verwaltung. Wie steht es aus Ihren Erfahrungen darum?
Christian Frenzel: Das ist eine Grunderkenntnis nach den ersten einhundert Tagen meiner Amtszeit: Dass es viele Menschen gibt, die ein Grundvertrauen haben, aber auch viele, die enttäuscht sind. Es muss das Ziel aller staatlichen Stellen sein, dieses Vertrauen wieder zu gewinnen. Und das beginnt im Kleinen. Wenn die kleinsten Probleme der Bürger gelöst werden oder zumindest versucht wird, sie zu lösen, ist das ein Mehrwert an Vertrauen, das dafür sorgen kann, dass die Gesellschaft wieder mehr zusammenrückt, wie wir das ansatzweise während der Coronazeit hatten.

hauspost: Könnte der Vertrauensverlust auch damit zu tun haben, dass Verwaltungsvorgänge, Genehmigungen oder ähnliches viel zu lang oder Anträge viel zu kompliziert sind?
Christian Frenzel: Meine These ist, dass der Großteil der öffentlichen Bediensteten sehr engagiert, bürgerorientiert und kompetent arbeitet, aber trotzdem an der einen oder anderen Stelle das nicht umsetzen kann. Viele wünschen sich Bürokratieabbau, doch der ist häufig komplex. Wenn eine Vorschrift neu eingeführt wird, kann nicht automatisch eine andere aufgehoben werden. So einfach ist das nicht. Andererseits gibt es eine ganze Reihe Möglichkeiten, Verfahren zu beschleunigen, wie das „Fast-Lane-Verfahren“, bei dem wichtige Entscheidungen einfach schneller gefasst werden. Diese Ausnahmen muss es häufiger geben. Auch viele Antragsformulare könnten ganz sicher viel einfacher gestaltet werden.

hauspost: Eins Ihrer Prinzipien ist, optimistisch zu sein und sich die Zeit nicht mit Ärger zu verderben. Wie passt das zu Ihrer Tätigkeit als Bürgerbeauftragter? Da geht es doch häufig um Ärger der Bürger.
Christian Frenzel: Das stimmt. Ich erlebe in meiner Arbeit, dass sich Menschen wochenlang mit einem Problem beschäftigt und darüber geärgert haben. Zum Bespiel hatte ich Kontakt mit einem älteren Herren, der im Streit mit seinem Nachbarn war, weil der zu dicht an der Grundstücksgrenze des Seniors gebaut hatte. Der Rentner kam mit dicken Ringordnern in die Sprechstunde und hatte schon alles versucht. Am Ende war die Bauentscheidung eine Ermessens-
entscheidung, die man auch anders hätte treffen können, aber formal war sie nicht falsch. Daraufhin habe ich dem betagten Mann geraten, seinen Frieden mit der Verwaltungsentscheidung zu machen und seine Freizeit, die er gern mit seinen Enkeln verbringt, eher dafür zu nutzen.

hauspost: In welchen Fällen helfen Sie noch?
Christian Frenzel: Wenn es um Sozialleistungen geht. Da bin ich beratend zuständig und kann nicht nur bei Landesbehörden aktiv werden, sondern auch bei Krankenkassen oder Versicherungsträgern. Ich bin in meiner Funktion auch der Behindertenbeauftragte des Landes und arbeite somit inklusiv. Diese Fragen zu Sozialleistungen machen fast die Hälfte aller Fälle, die ich bearbeite, aus. Dabei hilft mir mein erfahrenes Team. Wenn wir feststellen, dass ein Bürger mit seiner Beschwerde gegen eine soziale Behörde Recht hat, muss diese innerhalb von einem Monat reagieren. Das ist wichtig, denn häufig geht es dabei um Geld, das dem Bürger möglicherweise fehlt. Gut funktioniert in dem Bereich die Zusammenarbeit mit Arbeitsagentur und Jobcentern. Diese reagieren sehr schnell, wenn es um fehlerhafte Leistungszahlungen zum Nachteil des Bürgers geht.

hauspost: Wie häufig nehmen Sie Politikverdrossenheit der Menschen wahr?
Christian Frenzel: Häufig höre ich Sätze wie: „Ja dieses System ist schlecht, auf den kleinen Mann wird ja nicht mehr geschaut“, oder ähnlich. Das sind häufig Parolen, die sich, wenn ich dann detailliert nachfrage, warum sich die Person nicht ernst genommen fühlt, in Luft auflösen. Die persönliche Situation der Menschen erlebe ich häufig besser, als sie von den Betroffenen selbst öffentlich dargestellt wird – sprich – Deutschland wird schlechter geredet, als es ist.

 

Der Bürgerbeauftragte des Landes MV

Wofür ist er zuständig?
Der Bürgerbeauftragte sieht sich als Partner für unbürokratische Hilfe. Er soll auf schnelle und einvernehmliche Lösungen im Umgang mit Behörden hinwirken. Mit einem unvoreingenommenen Blick und einem guten Team an seiner Seite gelingt dies oft.

In welchen Fällen wird geholfen?
Jeder hat das Recht, sich mit Vorschlägen, Bitten und Beschwerden über Regierung und Behörden an den Bürgerbeauftragten zu wenden. Die Beratung ist kostenlos und vertraulich. Der Bürgerbeauftragte nimmt auch die Belange von Menschen mit Behinderung wahr und ist Beauftragter für die Landespolizei.

Wo kann er nicht helfen?
Nicht tätig werden kann der Bürgerbeauftragte, wenn zivilrechtliche Streitigkeiten zwischen Privaten zu regeln sind. Dies sind alle Angelegenheiten zwischen Bürgern untereinander, zwischen Bürgern und privaten Einrichtungen oder Firmen und auch im Verhältnis von Mieter und privatem Vermieter. Auch kann der Bürgerbeauftragte den Bürger nicht vor Gericht vertreten.

Wie erreiche ich den Bürgerbeauftragten?

Bürgerbeauftragter MV
Schloßstraße 8
19053 Schwerin

Telefon:
(0385) 525 27 09

E-Mail: post@buergerbeauftragter-mv.de

Internet: www.buergerbeauftragter-mv.de