Von Pas de deux bis Hip-hop

Choreografin träumt von Hip-Hop auf Spitzenschuhen

Wer die Ballettvorstellungen des Mecklenburgischen Staatstheaters besucht, kann Außergewöhnliches erwarten. Das Haus hat mit Xenia Wiest eine Ballettchefin, die sich traut, auch neue Wege zu gehen.
„Das Schweriner Publikum mag alles, was gut ist”, sagt Xenia Wiest, Foto: Maria-Helena Buckley

Schwerin • Wer die Ballettvorstellungen des Mecklenburgischen Staatstheaters besucht, kann Außergewöhnliches erwarten. Das Haus hat mit Xenia Wiest eine Ballettchefin, die sich traut, auch neue Wege zu gehen. „Das Schweriner Publikum mag alles, was gut ist”, sagt sie und träumt von einer Choreo mit Hip-Hop-Musik und Spitzenschuhen getanzt.

„Ballett ist die klassische Form des Tanzes, das akademischste Werkzeug des Tanzes“, beschreibt Xenia Wiest die Kunstform, der sie sich täglich stellt, für die sie alles gibt und die sie ruhelos durch den Tag begleitet. Der Anspruch „Never good enough“ – nie gut genug zu sein – treibt sie an und macht sie erfolgreich. Seit zwei Jahren ist Xenia Wiest Choreografin und Ballettchefin am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin, obwohl sie als junges Mädchen nichts mit Ballett am Hut hatte. „Ich habe in Russland, als ich ganz klein war, angefangen und habe es gehasst“, erzählt sie heute lachend. „Das ganze Tutu fand ich ganz kitschig. Ich mochte das nicht und habe ganz schnell aufgehört und mich der Musik gewidmet.“

In einer Musikerfamilie aufgewachsen lernte Xenia Klavier, Querflöte und sang im Chor. Als ihre Eltern mit ihr nach Deutschland übersiedelten, entdeckte die damals Zwölfjährige ihre Liebe zum Jazztanz. „Meine Tanzlehrerin hat dabei zu mir gesagt: ,Xenia, du hast lange Arme und einen langen Hals, das Ballett wäre doch etwas für dich‘, erzählt sie über ihre Teenagerzeit. „Mit 13 Jahren war ich dann so selbstbewusst, dass ich entschied: Ich werde jetzt professionelle Tänzerin, obwohl viele meinten, dass ich dafür bereits zu alt sei. Das war so ein Moment, in dem ich dachte: Du traust dich ja was!“ Aber es ging gut. Mit viel Fleiß, Ausdauer und Willen schaffte sie die Aufnahmeprüfung der John-Cranko-Schule in Stuttgart, die als eine der weltweit renommiertesten Ballettschulen gilt, an der staatlich geprüfte klassische Tänzer ausgebildet werden. Dann führte sie ihr Weg weiter nach Berlin, wo Xenia Wiest 15 Jahre als Tänzerin im Staatsballett erfolgreich war. Danach arbeitete sie mit Star-Choreograf Marco Goecke in Hannover und entwickelte weiter eigene Choreografien, für die sie bereits 2016 mit dem ersten Preis des berühmten internationalen choreografischen Wettbewerbs in Biarritz ausgezeichnet wurde.

„Die Inspiration einer Choreografie ist die Musik, die liegt in meiner Familie, die ist der Grundstein. Dann der Rhythmus – mein Vater war Jazzschlagzeuger – und die Idee für die Choreo, gepaart mit einem Supertänzer, der weitere Inspiration mitbringt. Das ist es.“ Xenia Wiest ist 40 und eine der jüngsten Ballettdirektoren mit enormem Anspruch an sich selbst und ihr Team. Den Druck, das ständige Rattern im Kopf, wie sie sagt, dämpft ihr Mann, der Sportpsychologe ist und Xenia immer wieder Momente der mentalen Ruhe beschert. Schwerin gibt das Übrige dazu. Die Landschaft rund um die Seen erkundet sie gern mit dem Fahrrad und findet dabei Entspannung, bevor es wieder in den Ballettsaal geht, wo die letzten Proben für die nächste Premiere von „Petruschka und der Feuervogel“ laufen. Toi, toi, Toi!

maxpress/Steffen Holz