Frauen, die sich trauen
Frauen sind anders mutig als Männer
Schwerin • Die Friedensaktivistin Clara Josephine Zetkin schlug 1910 die Einführung eines Frauentages vor, um auf die Rechte der Frauen aufmerksam zu machen. Die Idee stammte aus den USA, um einen Kampftag für das Frauenstimmrecht zu initiieren.
Laut einer Studie sind Frauen anders mutig als Männer. Damit ist das allgemeine Bild vom immer mutigen Mann und der immer ängstlichen Frau schon wissenschaftlich widerlegt. Seit Jahrzehnten, vielleicht auch länger, beweisen Frauen im Alltag, dass sie oft viel schneller zu mutigen Entscheidungen kommen, statt, wie viele Männer, zu zögern. Das ist in der aktuellen Politik wahrzunehmen, im Job leicht nachzuvollziehen und von Eltern in der Kindererziehung bestätigt.
Erstaunlich dabei ist: Die meisten Frauen reden nicht gern über mutige Aktionen, während Männer gern mit ihren Geschichten prahlen.In einer hauspost-Befragung winkten Frauen eher ab als von ihren mutigen Entscheidungen zu erzählen. Die hauspost berichtet trotzdem über mutige Frauen und fragt: Welche Frauen imponieren mit ihrem mutigen Handeln in und um Schwerin? Die hauspost-Redaktion freut sich auf interessante Begegnungen. Vorschläge und Geschichten können einfach an redaktion@hauspost.de gesendet oder telefonisch unter (0385) 760 520 durchgegeben werden.
maxpress/Holger Herrmann
hauspost-Kommentar von Lara Dönges
Liebe Leserinnen und Leser,
mutig zu sein, erfordert, aus der Komfortzone herauszutreten und Ängste zu überwinden. Das kann ein Fallschirmsprung sein, ein kompletter Neustart im Beruf oder auch etwas viel Kleineres. Mut ist individuell. Mich kostet es bereits Überwindung, eine Präsentation zu halten – was für manch anderen ein Klacks ist, bereitet mir Herzklopfen. Das Gefühl danach ist aber eine Befreiung, gepaart mit einer guten Portion Stolz – darüber, dass ich mich überhaupt getraut habe. Mut bedeutet, Neues zu wagen, sich weiterzuentwickeln, über den Tellerrand zu schauen. Um eine Erfahrung reicher sind wir jedenfalls immer, auch wenn beim Sprung ins kalte Wasser vielleicht nicht alles gut klappt. Schlimmer wäre doch ein ewiges „Was wäre, wenn...“, oder?
maxpress/Lara Dönges
Einfach von Wien nach Schwerin
Ich möchte gern gestalten, Dinge verändern und dabei Menschen erreichen“, verrät Antje Habermann (Foto oben) über sich. Die Frau mit dem klaren Blick startete im Medienbereich. Als Verlagskauffrau mit Marketing- und Kommunikationsstudium zog es die geborene Thüringerin nach Franken, wo sie sich traute, die Marketing- und Vertriebsleitung eines namhaften Verlages zu übernehmen. „Mit 30 Jahren war ich Chefin von 20 Leuten“, erzählt sie. Mit Ungewissheit aber Neugier zog sie weiter und landete beim nächsten Medienjob in Wien. Hierbleiben oder gehen? Die Frage und der Mut zu etwas ganz Neuem trieb Antje schließlich in den Norden, wo sie nun beim DRK-Landesverband in Schwerin „anlegte“ und die Medienarbeit managt. „Das war Mut, der gut tut“, sagt sie.
maxpress/sho
Passion für Schutz und Sicherheit
Früher wollte sie zur Polizei – wurde stattdessen junge Mutter mit 17. Also hat Judith Karohl (Foto) eine Ausbildung zur Bürokauffrau gemacht und nebenbei gemodelt, damit Job und Kind vereinbar waren. Inzwischen ist die Tochter erwachsen und Judith Karohl seit rund zehn Jahren nebenberuflich im Bewachungsgewerbe unterwegs. Sie sorgt für Sicherheit am Eingang der Kongresshalle oder auf Geländen und zieht bei Konzerten Menschen aus der Menge. Der attraktiven 40-Jährigen ist wichtig, dass das viel mehr ist als „Türsteherin“: „Wir arbeiten deeskalierend und sollten bei Konfrontationen rechtssicher kommunizieren können. Wir müssen fit sein und vorausschauend.“ All das hat die begeisterte Kampfsportlerin gelernt, hat die Prüfungen fürs Bewachungsgewerbe sowie Waffensachkunde gemacht – und besitzt den kleinen Waffenschein. Brenzlige Situationen gab es durchaus schon mal, Angst hatte Judith Karohl aber nie. „Ich kann mich auf mich und meine Kollegen zu 100 Prozent verlassen.“ Den Nebenjob irgendwann an den Nagel zu hängen, ist für sie undenkbar: „Ich liebe, was ich tue. Schließlich hat die Kehrtwende mich auf Umwege in die Richtung gebracht, in die ich immer wollte.“
maxpress/jpl
Vom Gartenkonzert zum Festival
Seit 15 Jahren organisiert Marianne Wöhrle-Braun die Schweriner Jazznacht in Eigenregie. Künstler anfragen, buchen, Hotels reservieren, Abholservices organisieren, Locations mieten, Werbemaßnahmen auf den Weg bringen, daraus entstehen sechs Konzertabende mit Jazzmusikern aus der ganzen Welt – all das organisiert Marianne Wöhrle-Braun (Foto) im Alleingang. Was vor 15 Jahren mit einem Gartenkonzert vor 30 Gästen begann, hat sich zu einem beliebten Festival mit jährlich rund 1.000 Besuchern etabliert. Ihr erster Ehemann war es, der Marianne Wöhrle- Braun in jungen Jahren einst für Jazz begeisterte. Noch in Karlsruhe lebend organisierte sie Ende der 90er-Jahre dann bereits Benefizkonzerte und Workshops. Die Wege trennten sich, die Leidenschaft für Jazz ist geblieben. „Als ich 2007 nach Schwerin gezogen bin, wollte ich unbedingt wissen, ob es hier auch Potenzial für solche Konzerte gibt und habe im eigenen Garten ein Test-Konzert veranstaltet. 30 Leute waren für mich ausreichend, um das Projekt ,Schweriner Jazznacht‘ zu starten“, erzählt sie lachend. Ihr Mut hat sich gelohnt. In diesem Jahr findet das Festival bereits zum 15. Mal statt. Und für ihr herausragendes, ehrenamtliches Engagement erhielt die 72-Jährige kürzlich den Förderpreis des Kulturpreises des Landes MV. Sie selbst ist eine anspruchsvolle Jazz-Liebhaberin, mag die unter Laien vielleicht etwas schrill klingende Richtung. Sich darauf einlassen, hören und genießen – darauf kommt es ihr an. „Es freut mich, dass sich so viele und immer mehr Menschen für Jazz begeistern. Mein ganzes Herzblut fließt in diese Arbeit.“
maxpress/ml
Immer wieder Mut zu neuen Ideen
Yvonne Schulz war lange Zeit angestellte Betriebsleiterin, bis sie sich mit ihrem eigenen Logistikunternehmen Locema GmbH selbstständig gemacht hat. „Ob das mutig war? Höchstens ein bisschen verrückt“, scherzt die 52-Jährige. Sie war bereit, sich beruflich anders aufzustellen – und hat immer wieder neue Ideen hinzugenommen: Waren, die aus Pfandrechten bei ihr verbleiben, bietet sie zum Beispiel in einem weiteren eigenen Geschäft an. Bei „Schönekeiten“ treffen sich Bücher, Dekorationsartikel, Kleidung – zum Teil in Bio-Qualität – und sogar Feinkost in den Regalen. „Ich schließe auch Verträge mit Kunden, die selbst nur online ihre Waren vertreiben. So können die Schweriner lieber im Laden stöbern“, erzählt Yvonne Schulz.
maxpress/jpl