Schwerin als Modellregion für die norddeutsche Wärmewende
Forschungsprojekt zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung gestartet
Schwerin • „DeCarbSN“ – diese unscheinbare Abkürzung steht für ein Vorhaben, das mit dem heutigen Projektauftakt offiziell gestartet ist. Unter der Federführung der Georg-August-Universität Göttingen wird es in Zusammenarbeit mit den Verbundpartnern Stadtwerke Schwerin, Geothermie Neubrandenburg sowie Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik durchgeführt und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert.
Während des auf vier Jahre angelegten Projekts werden die geologischen Gegebenheiten unter dem Stadtgebiet Schwerin umfassend durch eine 3D-Seismik erfasst. Zudem wird die optimierte Erschließung und Bewirtschaftung weiterer Geothermie-Standorte wissenschaftlich begleitet. Anschließend sollen die in Schwerin gewonnenen Erkenntnisse zur Dekarbonisierung der Fernwärmeversorgung im ganzen norddeutschen Raum durch den Ausbau der mitteltiefen Geothermie beitragen.
Parlamentarische Staatsekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Michael Kellner begründet die Projektförderung: „Durch ihre neuartige Geothermieanlage haben die Stadtwerke Schwerin einen entscheidenden Impuls für die Nutzung geothermischer Wärme im norddeutschen Raum gesetzt. Der Wärmesektor trägt den Großteil zu unseren energiebedingten CO2-Emissionen bei. Daher ist die Dekarbonisierung der Wärme eine wichtige Stellschraube für einen besseren Klimaschutz. Die bisherigen Erfahrungen aus Schwerin zeigen hierfür einen vielversprechenden Weg auf. Wir fördern die weitere Erforschung der geologischen Gegebenheiten und Ausbaumöglichkeiten der Geothermie in Schwerin, um dieses Modell später auf große Gebiete des Norddeutschen Beckens übertragen zu können. Mit Ingenieurskunst und Wissenstransfers bringen wir die zum Klimaschutz notwendige Wärmewende voran.“
Die Leitung des Projekts liegt bei Dr. Matthias Franz von der Georg-August-Universität Göttingen. „Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens werden wir erstmals ein digitales 3D-Reservoirmodell eines Sandsteinaquifers entwickeln. Dies ermöglicht uns ein besseres Verständnis für diesen Reservoirtyp. Die für Schwerin gewonnenen Erkenntnisse bilden eine wesentliche Voraussetzung für die nachhaltige Erschließungs- und Bewirtschaftungsstrategie der mitteltiefen Geothermie in Norddeutschland“, führt er aus.
Ausgangsbasis für die Modellierung des weiteren geothermischen Ausbaus wird eine umfassende Erkundung der geologischen Voraussetzungen unter der Landeshauptstadt Schwerin sein. Dr. Josef Wolf, Geschäftsführer der Stadtwerke Schwerin, gibt einen Ausblick auf den nächsten, in Schwerin sichtbaren Projektschritt: „Voraussichtlich ab Frühjahr 2024 werden wir im Stadtgebiet eine 3D-Seismik mit speziellen Messfahrzeugen durchführen lassen. Mit den so gewonnenen Daten können wir die hochproduktiven Reservoirkörper im Untergrund lokalisieren – und damit die besten Standorte für unsere nächsten Geothermie-Anlagen finden. Dies schließt auch die Entwicklung eines nachhaltigen Bewirtschaftungskonzepts für unseren Bodenschatz, die Sole, ein.“
Die Geothermie Neubrandenburg GmbH (GTN), mit über 30 Jahren Erfahrung aus Geothermieprojekten weltweit, ist ebenso Teil des Projektteams. „Das im Forschungsverlauf zu entwickelnde 3D-Reservoirmodell wird uns Aufschluss über den Aufbau der Reservoirs geben. Daraus können wir die optimale Positionierung weiterer Bohrungen für ein nachhaltiges Reservoirmanagement ableiten. Darüber hinaus werden wir die Grenzen zur Leistungsfähigkeit hydrothermaler Geothermieanlagen im Norddeutschen Becken ermitteln“, erläutert Marco Wunsch, der das Projekt bei GTN leitet.
SWS/Julia Panke