Damit die Gefahr weicht – Stadtgesicht Thomas Cogiel
Thomas Cogiel arbeitet seit Jahrzehnten mit Bomben und Granaten
Schwerin • Er hat den Blick eines Uhrmachers, die souveräne Schärfe in den Augen, die sein umfangreiches Wissen über die komplizierte Mechanik der Geräte widerspiegelt, mit denen er fast jeden Tag zu tun hat. Thomas Cogiel ist Leiter einer der zwei Munitionszerlegebetriebe MV und in dieser Funktion einer der Bereichsleiter des Munitionsbergungsdienstes im Land.
Rund um die Uhr ist seine Abteilung, die dem Landesamt für Polizei, Brand- und Katastrophenschutz MV – kurz LPBK MV untersteht – in Bereitschaft. Zwölf Mitarbeiter hat der 57-Jährige unter sich. Die kommen zum Einsatz, wenn zum Beispiel bei Erdarbeiten die Entdeckung von Munition gemeldet wurde, gefundene Bomben entschärft werden müssen, oder irgendwo im öffentlichen Bereich ein herrenloser Koffer steht, der einen explosiven Inhalt haben könnte. Das klingt für den Außenstehenden aufregend, ist jedoch für Thomas Cogiel Teil seines ungewöhnlichen Berufes.
Er und seine Mitarbeiter schauen bei ihren Einsätzen zur Gefahrenabwehr häufig dem Tod ins Auge. Gemeint sind damit eher die todbringenden Sprengsätze der Bomben, die noch immer zu Tausenden als schlafende Zeugen des Zweiten Weltkrieges im Boden von Mecklenburg-Vorpommern liegen: Waffen, denen er durch sein Wissen und sein jahrelang ausgeübtes Handwerk die Gefahr nimmt. Thomas Cogiel hat keine Angst bei der Arbeit, denn er kennt seinen Feind, die Granaten, die Bomben und deren verschiedene Ausführungen und Zündmechanismen.
Seine Lebensgeschichte ermöglichte ihm, die zwei Waffensysteme der Gegner vor und hinter dem Eisernen Vorhang kennenzulernen. „Ich bin in der DDR Zeitsoldat geworden, weil man bei der NVA schneller den Meisterabschluss bekommen konnte“, berichtet er mit verschmitztem Lachen. Das funktionierte und der gelernte Kfz-Schlosser wurde in der DDR-Armee Meister für Maschinen- und Anlageninstandsetzung. Noch während seiner Dienstlaufbahn als Berufsunteroffizier der NVA absolvierte Cogiel die Ausbildung zum Feuerwerker und Techniker für Munition. „Als die Wende kam, wurde ich dann von der Bundeswehr übernommen und durfte die Ausbildung zum Feuerwerker und Kampfmittelspezialist noch einmal machen“, erzählt er lachend. „Die Ausbilder staunten allerdings, wieviel ich bereits zu Beginn über die Nato-Munition wusste, das brachte mir Respekt ein. Aber die Bundeswehr wusste auch, welche Waffen wir in der DDR hatten.“
Heute engagiert sich Thomas Cogiel in der GdP, im Personalrat des LPBK und zukünftig auch im Hauptpersonalrat der Polizei als Interessenvertreter der Arbeitnehmer. Zudem bildet er sich ständig für seine Arbeit weiter. „Man muss die Zünder-Technik einer Bombe kennen und die Mechanik verstehen, dann ist das Risiko der Entschärfung kalkulierbar“, sagt er. Am gefährlichsten sind die Bomben mit Langzeitzünder. Dabei wird der Sprengsatz durch ein vorgespanntes Zündsystem ausgelöst, das sich bei der geringsten Bewegung des Sprengkörpers entspannen könnte. Hier muss der Experte abschätzen, ob sich der Zünder herausschrauben lässt. Funktioniert das nicht, kann er mittels einer Wasserstrahlschneidanlage, die mit 700 bar Druck arbeitet, vorsichtig herausgeschnitten werden. Ist auch das zu riskant, wird die Bombe vor Ort gesprengt.
„Oberstes Gebot bleibt immer die Sicherheit, es wird nichts riskiert“, sagt Thomas Cogiel und appelliert an alle, die auf Fundmunition stoßen, nichts anzufassen, die Polizei zu rufen und die Fundstelle abzusichern. Selbst kleine Munition kann erhebliche Schäden anrichten, wenn sie explodiert.
„Beim großen Waldbrand in Lübtheen ist das häufig passiert, da waren wir ständig vor Ort.“ Auch aus diesem Grund hat das Land MV und der Bund finanzielle Mittel bereitgestellt, um weitere Flächen von Kampfmitteln zu beräumen. Es gibt auch die nächsten Jahre viel Arbeit für den Mann, der durch Fortbildungen mit dem Kopf und körperlich durch den Hometrainer fit bleiben will. Er sagt: „Es gibt Berufe, die sind einfach Berufung – meiner gehört dazu.“
maxpress/Steffen Holz