Dornröschenschlaf beendet

Im gesamten Stadtgebiet entwickelt Schwerin vielseitige Projekte zum Wohnen und für die Freizeit

Schwerin kommt seinem Ziel näher, die 100.000-Einwohnermarke zu knacken und sich damit wieder als Großstadt zu titulieren.
An der Großbaustelle der Brücke Wallstraße wurde sogar nachts gearbeitet, um das Projekt im Zeitplan abzuwickeln – freie Fahrt für Autos ab Mai, Fotos: maxpress, ZGM, LHS/Ulrike Auge, Sinai Landschaftsarchitekten

Schwerin • Schwerin kommt seinem Ziel näher, die 100.000-Einwohnermarke zu knacken und sich damit wieder als Großstadt zu titulieren. Fest im Leitbild 2030 verankert ist, die Bevölkerungsentwicklung weiter zu stabilisieren und das positive Wanderungssaldo beizubehalten. Junge Familien suchen günstige Häuser, Rückkehrer Wohnungen.

Rund 76 Hektar, etwa eineinhalb Mal der Ziegelinnensee, sollen bis 2030 mit Wohnraum bebaut werden – über 1.700 neue Wohneinheiten sind vorgesehen. Mit der Alten Brauerei, dem ehemaligen Kraftfahrzeuginstandsetzungswerk und dem ehemaligen Möbelwerk werden auch Industriebrachen in die Überlegungen einbezogen.

„Bis die Planungen für ein neues Quartier tatsächlich in die Tat umgesetzt werden, vergeht einige Zeit“, erklärt Bernd Nottebaum (Foto unten), Vize-Oberbürgermeister und Dezernent für Wirtschaft, Bauen und Umwelt. „Wir legen Wert auf Bürgerbeteiligung und ordentliche politische Prozesse zur Beschlussfassung, damit alle die Vorhaben dann auch gemeinsam tragen.“ Damit auch der Baugrund guten Gewissens freigegeben werden kann, ist der Munitionsbergungsdienst (Seite 4) unerlässlich.

„Wir sind auf einem guten Weg“, so Nottebaum weiter und verweist auf Verbesserungen für Radfahrer, Investitionen in Bildungseinrichtungen und die touristische Infrastruktur, die er für die nächsten Jahre ebenso auf dem Zettel hat.

maxpress/ms

Baudezernent Bernd Nottebaum, Foto: maxpress

Städtebaulich geht es gut voran

Noch ist es eine grüne Wiese – das Warnitzer Feld wird zu einem grünen, sozial durchmischten Wohnquartier entwickelt
Noch ist es eine grüne Wiese – das Warnitzer Feld wird zu einem grünen, sozial durchmischten Wohnquartier entwickelt, Foto: LGE

Mehr Wohnraum und Fortschritt bei Verkehrsadern

Schwerin • Die Charakteristika moderner Stadtentwicklung stehen auch in Schwerin ganz oben auf der Agenda – umso mehr, wenn es darum geht, die Stadt perspektivisch vom Spitzenrang in punkto Segregation zu verdrängen und die soziale Spaltung zu minimieren. Mischnutzung lautet das Zauberwort, das umschreibt, wie neu konzipierte Wohnquartiere verschiedene Generationen, soziale Hintergründe und Wohnformen, bewusst viele Treffpunkte und ökologische Ziele miteinander vereinen. Viele neue Wohnprojekte werden angeschoben, Licht am Ende des Tunnels gibt es dieses Jahr auch bei bereits lang andauernden Baustellen, die den Durchgangsverkehr betreffen.

Überall in der Stadt kommt Bewegung ins Spiel. Der Berliner Platz in Neu Zippendorfs neuer Mitte soll künftig mit einer Mischung aus Geschäften, Dienstleistungen und kleinteiliger Gastronomie punkten. Auf der Fläche zwischen der Rostocker und der Magdeburger Straße ist Wohnraum für 300 Haushalte geplant, darunter Mehrgeschosser für sozialen Wohnungsbau, altersgerechte und studentische Unterkünfte. Öffentliche Grünflächen dienen als Orte der Begegnung für die Bewohner. Die B-Pläne liegen derzeit öffentlich aus und wandern dann durch die politischen Gremien. Bis Ende dieses Jahres erfolgt der Satzungsbeschluss, sodass es 2024 mit Unterstützung des Landes mit dem Bau losgehen kann.

Fahrt nimmt auch das Zukunftsprojekt Warnitzer Feld auf. Dort soll ein grünes, sozial durchmischtes Quartier wachsen – mit Seniorenwohnungen, Stadthäusern, Tiny-Häusern, parkähnlichen Grünanlagen und einem urbanen Zentrum als Treffpunkt. Derzeit arbeitet die Stadt unter Beteiligung der Öffentlichkeit am B-Plan-Verfahren. Die Hochbaureife wird voraussichtlich ab Frühjahr 2025 bestehen. Auf der Fläche der ehemaligen Möbelwerke am Lewenberg entsteht Wohnraum im Stile der Waisengärten und der Mehrgeschosser am Ziegelsee. Einfamilienhäuser werden an den Hofackerwiesen in Wüstmark stehen, Reihenhäuser an der Friedrich-Schlie-Straße in Krebsförden.

Aufgrund von Insolvenz des verantwortlichen Bauherren ins Stocken geraten war die Entwicklung der Alten Brauerei am Ziegelinnensee. Die Stadt sieht das Areal weiterhin auf der Prioritä- Städtebaulich geht es gut voran Mehr Wohnraum und Fortschritt bei Verkehrsadern tenliste und ist in guten Gesprächen mit dem Insolvenzverwalter, der eingereichte Kaufgebote und Pläne auf ihre Seriosität prüft. Bei guten Ideen ist die Stadtverwaltung weiterhin gesprächsbereit. Wo ist freie Fahrt und an welchen Stellen hakt es 2023 noch? Ab Mai können Autofahrer wieder über die Brücke an der Wallstraße fahren. Der Medienkanal, in dem wichtige Versorgungsleitungen untergebracht werden, kann jedoch erst 2024 finalisiert werden, weil Sperrpausen mit der Deutschen Bahn neu vereinbart werden mussten. So wird die neue Brücke 2024 nochmals für einige Zeit gesperrt.

An der Dauerbaustelle Rogahner Straße ist die neue Radverkehrsführung vom Dwang kommend unter der Bahnstrecke hindurch Richtung Schulzenweg offen. Gleiches gilt für den Abschnitt zwischen Schulzenweg und Restaurant See-Idyll – allerdings nur für den Anliegerverkehr. In diesem Jahr wird das Stück zwischen Brückenbauwerk/ See-Idyll bis zum Obotritenring unter Vollsperrung fertiggestellt. Ab 2024 ist die gesamte Rogahner Straße wieder befahrbar. Für die Sanierung des Schulzenwegs in Görries werden dieses Jahr die Planungen fortgeführt, mit dem Baubeginn ist frühestens im vierten Quartal zu rechnen. Am Immensoll in Neumühle startet die grundhafte Sanierung Ende des zweiten Quartals, gerade laufen die Ausschreibungen. In der Konzeption stecken weiterhin die Bauarbeiten zur Erneuerung der Dr.-Hans-Wolf-Straße am Lewenberg und der Schwalbenstraße in Neumühle. Der Baubeginn ist jeweils für 2024 vorgesehen.

maxpress/Meike Sump

Wassertourismus am Ziegelaußensee

Werdervorstadt • Auf dem Gelände des ehemaligen Straßenbauamtes an der Güstrower Straße entsteht ein maritimes Dienstleistungszentrum. Dazu gehören Slipanlage, Bootstankstelle, Wartungs- und Reparaturhalle, Sanitär- und Entsorgungsanlagen, Ferienhäuser, Stellplätze für Wohnmobile, ein Anleger für Gastboote, ein öffentlicher Zugang zum Wasser sowie Gastronomie. Der Schweriner Investor Tony Pilipenko hat mit der Stadt einen Anhandgabevertrag geschlossen und erstellt nun den B-Plan. Nach dem für das erste Quartal 2023 terminierten Aufstellungsbeschluss folgt ein rund zweijähriges B-Plan-Verfahren, sodass 2025 mit dem Baubeginn zu rechnen ist.

Kunst ist hier kein Mittelweg

Weststadt • Der denkmalgeschützte Eingangsbereich des ehemaligen Kraftfahrzeuginstandsetzungswerks (KIW) Vorwärts verwandelt sich bis Ende 2024 in ein Schaudepot für zeitgenössische Kunst, und zwar mithilfe einer Bundesförderung in Höhe von 4,8 Millionen Euro. Wie genau der fünfgeschossige Büroturm und der bogenförmige Garagentrakt dafür genutzt werden, klärt ein städtebaulicher Wettbewerb im ersten Halbjahr 2023. Als Bindeglied zwischen der Wohnbebauung südwestlich des Mittelwegs und einem geplanten Wohngebiet am ehemaligen Güterbahnhof im Nordosten soll das Quartier zu einem lebendigen Raum für Wohnen, Kultur und Arbeiten entwickelt werden.

Ferienresort am Zippendorfer Strand

Zippendorf • Seit Jahren liegt die Ruine des ehemaligen Strandhotels im Dornröschenschlaf – nun scheinen konkrete Pläne sie zum Leben zu erwecken. Sie sehen vor, in und um das denkmalgeschützte Haus 400 Ferienwohnungen und 60 Wohnungen zu bauen. Integriert werden sollen mehrere gastronomische Angebote. Weitere mehrgeschossige Gebäude mit Tiefgaragen sowie ein Parkhaus für Tagesgäste gehören ebenso zum Konzept. Nachdem der Investor aufgrund der Dimension des Vorhabens Kritik geerntet hatte, vor allem von Zippendorfern, speckt er seine Pläne gerade ab.

Leichter anlegen an Insel und Museum

Schwerin • Die marode Anlegestelle vor der Insel Kaninchenwerder wird im Laufe dieses Jahres komplett erneuert. Eingeplant sind ein Anleger für die Fahrgastschifffahrt sowie ein Ponton mit rund 40 Liegeplätzen für private Boote. Auch am Freilichtmuseum können Fahrgastschiffe zukünftig besser anlanden – an Schwerins erster „Seebrücke“, die 60 Meter in den See hinein verläuft. Auf dem Steg wird im zweiten Schritt ein Seepavillon mit Infopoint errichtet. Derzeit laufen für die Projekte an Insel und Museum die Ausschreibungen. Pünktlich zur Saison 2024 sollen die Anleger startklar sein.

Schwerin dreht am Rad

Schwerin • So richtig in Fahrt kommt die Umsetzung wichtiger Beschlüsse aus dem Schweriner Radentscheid. Die „Schotterpiste“ entlang der Gadebuscher Straße gehört schon bald der Vergangenheit an, denn auf der Nordseite zwischen Grevesmühlener Straße und dem Discounter Norma wird der Weg komplett neu asphaltiert. Rad- und Fußweg werden sichtbar voneinander getrennt.

Der Baustart ist für den Sommer vorgesehen. Ebenso entstehen im Laufe dieses Jahres neue Radabstellanlagen an Haltepunkten der Deutschen Bahn – beginnend mit dem Hauptbahnhof. Lankow, Görries und Schwerin Süd folgen. Noch im ersten Quartal wird die Baugenehmigung für die Mobilitätsstation am Packhof erwartet. Die dafür vorgesehene Freifläche gegenüber dem Stadthaus hatte die Landeshauptstadt bereits 2011 vom Technischen Hilfswerk erworben. Geplant sind rund 300 Stellplätze für Räder auf zwei Etagen, eine Fahrrad-Werkstatt, eine Rad-Ausleihe und Lademöglichkeiten für E-Bikes. Der Nahverkehr Schwerin wird die Station betreiben. Im Sommer rollen die ersten Bagger an. Die Stadt würde außerdem weiterhin gerne das Radsportzentrum Lambrechtsgrund unterstützen. Da der Bund erklärt hat, sich nicht an den Mehrkosten zu beteiligen, hofft die Stadt, dass das Land diese übernimmt.

Schulen machen Schule

Schwerin • Rund zwölf Millionen Euro fließen in die Sanierung der Friedensschule ab kommendem Sommer. Schüler und Lehrer ziehen für zwei Jahre in die Schule am Fernsehturm auf dem Großen Dreesch. Nach dem Umzug der Ecolea-Grundschule in die Lankower Straße gab es Ärger mit den Anwohnern. Nun ist unter anderem das freistehende Gelände an der neuen Berufsschule Technik für einen Neubau im Gespräch. Ein städtebaulicher Wettbewerb mit anschließender Ausschreibung im zweiten Halbjahr soll klären, welche Zukunft der von der Waldorfvereinigung umworbenen Paulshöhe bevorsteht.

maxpress/Meike Sump